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Zur Zukunft der Wintersaison

Die nachstehenden Überlegungen nehmen Bezug auf einen Beitrag von Franz Hartl im Tourismuspresse Blog der APA, in dem er unter dem Titel „Die Zukunft der Wintersaison“ über die Vorträge und Diskussionen berichtet, die im Rahmen einer Tagung an der Fachhochschule Krems stattgefunden haben. In meinem Kommentar dazu habe ich folgende Überlegungen eingebracht, ohne jedoch den Anspruch zu erheben, das Thema vollständig abzudecken.

Verstärkte Wahrnehmung des Klimawandels

Die Problematik des Klimawandels und dessen Auswirkungen auf die Skigebiete sind inzwischen offenkundig, und was den Grad der Betroffenheit anbelangt, auch die differenzierte Betrachtung nach Höhenlagen. Früher gerne in Abrede gestellt, befasst sich nun auch die Seilbahnwirtschaft mit dem Phänomen des Klimawandels, wobei mit Nachdruck darauf verwiesen wird, dass man in Bezug auf die Schneeerzeugung die Sache technisch im Griff hat und im Griff haben wird. Damit sind die Pisten weiß, aber nicht unbedingt deren Umfeld, was nicht ohne Belang für alternative Winterangebote ist.

Hoffnungsträger Skigebietszusammenschlüsse

Ein weiterer Aspekt in diesem Zusammenhang sind Skigebietszusammenschlüsse. Sie führen nicht nur zu mehr Pistenkilometern, sondern häufig auch zu einer größeren Vielfalt im Pistenangebot in Bezug auf die Exposition der Skipisten, was ebenfalls der Schneesicherheit dienlich ist. Zusätzliche Höhe lässt sich aber bei so manchem der anstehenden Projekte bzw. Projektideen nicht mehr gewinnen. Zudem stellt sich die Frage, ob denn alles, was da so an Zusammenschlussideen am Tisch liegt oder in den Köpfen herumgeistert, Sinn macht.

Leader-Funktion der Bergbahnunternehmen

Bergbahnunternehmen haben in Wintersportdestinationen eine Leader-Funktion. Leader zu sein bedeutet Verantwortung zu tragen, und das nicht nur im Hinblick auf das traditionelle Kerngeschäft, die Beförderung von Menschen auf den Berg und die Ermöglichung des Gleitens ins Tal auf perfekten Pisten. Zahlreiche Seilbahnunternehmen bemühen sich seit Jahren mit Erfolg, mehrere Elemente der touristischen Wertschöpfungskette abzudecken, sodass sie breiter aufgestellt sind und von den positiven Multiplikatoreffekten, die von ihrem eigentlichen Kerngeschäft ausgehen, unmittelbaren Nutzen ziehen können. Auch ist es in den letzten Jahren gelungen, mit attraktiven themen- und erlebnisorientierten Angeboten das Sommergeschäft der Bergbahnen zu beleben und damit auch für die Betriebe im Tal und die Destination insgesamt einen Nutzen zu stiften.

Angesichts dieser Innovationsfreude und Umsetzungskompetenz drängt sich die Frage auf, ob es nicht auch Aufgabe eines Bergbahnunternehmens sein könnte, den Blick weiter zu fassen und gemeinsam mit anderen Leistungsträger in der Destination vorausschauend Produkte zu kreieren, die angesichts möglicher Auswirkungen des Klimawandels das künftige touristische Geschehen absichern, nicht nur jenes der Destination, sondern auch das des eigenen Unternehmens.

Alternativen allein mit Schnee greifen zu kurz

Wenn es um alternative Angebote zum alpinen Wintersport geht, so beziehen sich die Diskussionsbeiträge - von Wellness und Gesundheit einmal abgesehen - in aller Regel auf den Schnee. Das greift zu kurz und führt nicht zum Ziel, wenn wir damit rechnen müssen, dass es in Zukunft in bestimmten Lagen nur mehr phasenweise oder unzureichend oder überhaupt keinen Schnee mehr gibt. Hier wird es im wahrsten Sinne des Wortes notwendig - will heißen „Not wendend“ - sein, ums Eck zu denken und sich aus dem Erfahrungsgefängnis zu befreien, das ein bekanntes Sprichwort folgendermaßen beschreibt: "Wer nur einen Hammer kennt, für den ist jedes Problem ein Nagel". Denn wenn es darum geht, angesichts des Klimawandels an die Zukunft zu denken und diese inhaltlich vorwegzunehmen, kommen wir nicht weiter, wenn wir darauf beharren, dass Winterurlaub in den Alpen mit Schnee gleichzusetzen ist bzw. ohne Schnee alles nichts ist - und in logischer Konsequenz eine Diskussion abseits davon als vergebliche Liebesmüh abgetan wird.

Gemeinsamer Nenner Bergkompetenz

Was könnte nun angesichts dieser Herausforderungen eine Denkrichtung sein? Das von Hans Embacher in seinem Kommentar zu Hartls Ausführungen angesprochene Beispiel Sylt weist in eine mögliche Richtung. In Sylt wird in erster Linie auf das verwiesen, was man im Winter und Sommer gemeinsam hat: Das ist das Meer, das ist der Wind, das ist die gesunde Luft - und natürlich sind es auch jene touristischen Einrichtungen, die ganzjährig zur Verfügung stehen.

Bei uns sind der gemeinsame Nenner für den Winter und den Sommer die Berge, und aus unserer Fähigkeit, mit den Bergen umzugehen und daraus etwas zu machen, resultiert unsere Bergkompetenz. Und diese kann nicht allein auf den alpinen Wintersport reduziert werden, schon gar nicht angesichts der Bedürfnisse und Fähigkeiten der einheimischen Bevölkerung sowie der vielfältigen Ansprüche der Gäste. Bergkompetenz ist weit mehr, sie beinhaltet die unberührte Naturlandschaft ebenso wie die traditionell gewachsene und die modern gestaltete Kulturlandschaft (z.B. Architektur), sie umfasst die ansässigen Betriebe aus Landwirtschaft, Handwerk, Gewerbe, Industrie und Handel und sie schließt die Kultur, die Sitten und die Bräuche mit ein. Bergkompetenz beinhaltet auch den Lebensraum der hier wohnenden und arbeitenden Menschen, von denen sie getragen, repräsentiert und weiterentwickelt wird.

Es sollte also darum gehen, den Gästen den Berg in seinen verschiedensten Facetten näher zu bringen und schmackhaft zu machen. Ziel für die Zukunft müsste es sein, dass die Berge im Winter selbst dann Begehrlichkeit wecken, wenn sie nicht tief verschneit sind. Das ist nicht zuletzt auch eine Frage der Kommunikation und der Imagebildung, und das benötigt Zeit. Aber es geht ja nicht um das Heute oder das unmittelbare Morgen. Es geht vielmehr um die vorausschauende Gestaltung einer möglichen - vielleicht nicht allzu fernen - touristischen Zukunft, und dazu sollte das Zeitfenster genützt werden, das der in Gang befindliche Klimawandel noch offen lässt.

Winter- und Sommerangebote als Kontinuum

Natürlich gilt es auch - wie Franz Hartl in früheren Beiträgen bereits mehrfach eingemahnt hat - die Chancen wahrzunehmen, die der Klimawandel für den Sommertourismus in den Alpen bietet. Und möglicherweise entsteht aufgrund des Klimawandels in Zukunft ein zeitliches Kontinuum, auf dem Infrastrukturen und Themenangebote in einem fließenden Übergang vom Winter in den Sommer hineinreichen und umgekehrt. Auch können wir nach den bisherigen Erfahrungen damit rechnen, dass so manches Produkt bzw. Angebot, das zunächst die Funktion einer Nische hat, sich im Laufe der Jahre zu einem Kernangebot mit starker Nachfrage entwickelt.

Nachhaltigkeit durch Branchenmix

Zur erfolgreichen Zukunft des alpinen Raumes gehören auch die Weiterentwicklung und nachhaltige Sicherung von nichttouristischen Betrieben, selbst in den Seitentälern. Dafür gibt es bereits zahlreiche ausgezeichnete Beispiele. Auch das, was in diesen Sektoren bereits besteht und noch entstehen wird sollte ein integrierter Bestandteil der Bergkompetenz sein, die damit auf einem breiten, tragfähigen und krisenresistenten Fundament basiert.

9. November 2015


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