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Wintertourismus ohne Schnee

Angesichts der traumhaften Skitage, die wir derzeit erleben, und der Berichte über perfekte Buchungslagen in den Wintersportdestinationen mag es müßig erscheinen, sich mit der Frage eines Wintertourismus mit wenig oder gar keinem Schnee zu befassen. Im Sinne eines vorausschauenden Agierens ist es dennoch angebracht, auf das Thema einzugehen, zumal in letzter Zeit mehrere Beiträge und Kommentare sowohl im Tourismuspresse Blog der Austria Presse Agentur als auch andernorts die Frage der Zukunft des Wintertourismus aufgegriffen haben. Zwei Grundaussagen ziehen als roter Faden durch diese Beiträge: 1. Der Klimawandel stellt für die Skigebiete bzw. Wintersportorte eine Herausforderung dar, für die je nach Höhenlage individuelle Antworten zu finden sind. 2. Investitionen in Ganzjahresangebote sind ein Gebot der Stunde. Die beiden Themen will ich in getrennten Beiträgen behandeln und zunächst auf den unterschiedlichen Grad an Betroffenheit durch den Klimawandel eingehen.

Zukunftssichere Höhenlagen

Um die hoch gelegenen, großen und modern ausgestatteten Skigebiete, die meist abseits städtischer Agglomerationen liegen, brauchen wir uns weiter keine Sorgen zu machen. Nach allem, was wir aus der Klimaforschung wissen, scheint dort der Skilauf unter Anwendung technischer Schneeerzeugung noch auf Jahrzehnte hin-aus möglich. Viele dieser Destinationen bieten zudem ein ergänzendes Angebot rund um den alpinen Skilauf und sie sind bemüht, die Sommersaison auszubauen. Letzteres nicht allein aus ökonomischen Gründen, sondern auch, um das gesell-schaftliche und kulturelle Leben im Dorf zu erhalten. Es ist absolut nachvollziehbar, dass diese Orte auf jene Karte setzen, die bisher den Erfolg gebracht hat und die auch in Zukunft stechen wird.

Sorgenkinder in mittleren Lagen

Am anderen Ende der räumlichen Skala stehen die Städte, von denen viele ebenfalls touristisch erfolgreich agieren. Die Nachfrage nach Städtetourismus scheint ungebrochen, wie die Tourismusdaten österreichischer Städte aufs Neue zeigen (z.B. Innsbruck, Salzburg, Graz, Wien). Tourismusorte, die wegen der Veränderungen externer Rahmenbedingungen Sorgenkinder geworden sind oder noch werden, liegen zwischen diesen beiden Polen. Dort ist primär anzusetzen, wenn es um die Frage nach schneeunabhängigen An-geboten geht, und dort liegen auch die eigentlichen Herausforderungen im Hinblick auf das immer wieder angesprochene, notwendige Umdenken. Denn nach wie vor wird landauf landab versucht, an eingefahrenen Wegen festzuhalten, auch wenn sich ein Schlagloch nach dem anderen auftut.

Herausfordernde Suche nach Lösungen

Doch gerade dort wäre es spannend, ernsthaft die Frage zu erörtern, ob Winterurlaub in den Alpen wirklich untrennbar mit Schnee verbunden sein muss. Könnte es vielleicht mittel- bis langfristig, und unterstützt durch eine kreative Kommunikation, zu einer differenzierteren Sichtweise kommen: Zur Akzeptanz und Wertschätzung von Winterurlaub ohne Schnee in mittleren alpinen Lagen, mit fallweisem Schnee als Mehrwert, ansonsten jedoch mit einer Reihe von Vorzügen, die den Urlaub in den Bergen auszeichnen?

Bei der Suche nach Lösungen wird es vermutlich nicht den großen Wurf geben, es ist wohl ein Puzzle aus mehreren Bausteinen zusammenzufügen. Schließlich ist auch das "Jahrhundertglück Skilauf" nicht an einem Tag entstanden, sondern in Form eines Innovationsprozesses während mehrerer Jahrzehnte. Und möglicherweise sind die Lösungen auch verzwickter als die „einfache“ Formel "Schiefe Ebene + Schnee + Lift = Wintertourismus", insbesondere dann, wenn es um lokale und regionale Flächendeckung geht. Zweifellos erscheint es fürs erste schier unmög-lich, das stereotype und inzwischen schon ein Jahrhundert lang gelernte Bild vom Wintertourismus mit Schnee ernsthaft zu hinterfragen.

Überzeugungs- und Strategiearbeit

Es mag nicht gerade lukrativ erscheinen, ist aber im Hinblick auf eine verantwortungsvolle Zukunftsgestaltung unabdingbar, sich in einer systematischen und vorausschauenden Strategiearbeit mit den "Zwischenregionen" zu befassen und Schritt für Schritt die Alternativen aufzubauen, um diese Tourismusorte unabhängig(er) vom Schnee zu machen. Viele Betriebe zeigen das für ihren Wirkungsbe-reich bereits vor und das sollte, zumindest bis zu einem gewissen Grad, auch für Orte und Destinationen möglich sein. Es braucht Überzeugungskraft sowie perso-nelle und finanzielle Ressourcen, um diesen Prozess in die Gänge zu bringen.

Weiterreichende Transformationsprozesse

Und noch etwas ist von Bedeutung: Es geht nicht allein darum, auf die sich ändernden klimatischen Gegebenheiten zu achten. Es gilt auch, sich darüber im Kla-ren zu sein, dass viele Orte in den kritischen, mittleren Lagen in einer Art und Weise von ökonomischen und sozialen Transformationsprozessen erfasst sind, dass sich die Frage nach der künftigen Gestaltung des Tourismus bald von selbst erledigen könnte. Ein interessantes Projekt dazu läuft derzeit an der Universität Innsbruck. Eine Vertiefungsrichtung am Institut für Geographie ist dem dynamischen Wandel im Alpentourismus gewidmet. Aktuelle Untersuchungsbeispiele sind ein Abschnitt der Baye-rischen Alpen sowie die Niederösterreichischen Alpen, Lagen also, die in Zukunft mit einer weiteren Verkürzung der Schneedeckendauer rechnen müssen und die zudem den vielfältigen Einflüssen nahe gelegener Großstädte ausgesetzt sind.


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