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Wann ist genug genug?

Tobias Moretti, international erfolgreicher Schauspiel-Export aus Tirol, der vor Jahren mit der legendären und heute Kult-Status genießenden Piefke-Saga für heiße Diskussionen im Tourismus gesorgt hat, hielt anlässlich der Festveranstaltung „125 Jahre Werbung für Tirol“ eine ebenso brillante wie kritische Rede. Die Touristiker, die aus allen Ecken des Landes in das Festspielhaus nach Erl geströmt sind, spendeten starken und lang anhaltenden Applaus.

Angesichts seiner kritischen Worte habe ich mir die Frage gestellt, wem denn der Applaus nun tatsächlich gegolten hat: der Person Tobias Moretti, der Brillanz seiner Rhetorik, seiner sprachlichen Formulierungskunst oder doch auch dem Inhalt?

Den Titel seiner Rede „Wann ist genug genug? Und: Wann isch oans mehr als koans?“ hat er auch angesichts der aktuellen Diskussionen über Projekte zu weiteren touristischen Erschließungen im Lande treffend gewählt. Vor dem Hintergrund der zweifellos anhaltenden Tendenz zur räumlichen Konzentration des Tiroler Tourismus, speziell des Wintersports, auf die dafür am besten geeigneten Lagen, hat der zweite Teil seines Vortragstitels wohl seine Berechtigung: Da wird durchaus „onas mehr als koans“ sein. Das gilt insbesondere dann, wenn es um Investitionen in die Abrundung oder Ergänzung von Angeboten geht, aber auch um Zusammenschlüsse von Skigebieten, die gleichsam „auf der Hand liegen“. Demgegenüber kann in anderen Teilen des Landes, die aus den verschiedensten Gründen seit Jahren (oder noch länger) touristisch dahinstolpern, und die vor ihrer Haustüre zudem wirtschaftliche Alternativen zum Tourismus vorfinden, „oans“ schon zuviel bzw. „koans“ bereits mehr als genug sein.

Meines Erachtens sind die politisch Verantwortlichen auf der Landesebene und in den Gemeinden angehalten, sehr gut zu überlegen, wohin in welchen Regionen die Reise gehen soll. Es ist die Frage zu beantworten, ob es, bildlich gesprochen, überall einen Railjet braucht oder ob im einen oder anderen Fall ein Regionalexpress ausreicht, oder ob es sich gar lohnen würde, da und dort einfach zu Fuß zu gehen.

In touristisch prosperierenden Regionen werden wohl am Beginn von Zukunftsüberlegungen jene Faktoren herausgearbeitet werden, auf denen die bisherigen Erfolge beruhen, da sie ja zumindest zum Teil auch die Grundlage für künftige Erfolge bilden werden. Touristisch weniger erfolgreiche oder gar erfolglose Regionen sind hingegen angehalten, ehrliche Ursachenforschung zu betreiben und darüber nachzudenken, was denn die Gründe für die Mißerfolge der vergangenen Jahre und vielleicht Jahrzehte sind, und welche Rolle dabei die (vermeintlich) fehlende Infrastruktur tatsächlich spielt. Das könnte zu aufschlussreichen Erkenntnissen führen: Etwa dazu, das man „oans“ oder sogar „zwoa“ hatte bzw. hat, aber weder in der Lage war noch ist, daraus wirklich etwas zu machen.


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