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Tourismuspolitik im Alpenraum

"Tourismuspolitik im Alpenraum" lautet der Titel des jüngst erschienenen Buches von Günther Lehar und Ulrike Reisner. Das Werk ist am MCI Tourismus in Innsbruck entstanden, orientiert sich am Bedarf touristischer Ausbildungsstätten und besitzt die besten Voraussetzungen, zum einem Standardwerk für Lehrende und Lernende zu werden.

Föderalismus versus Zentralismus

Der Band bietet einen Überblick über der Tourismuspolitik in den acht Staaten, die an den Alpen Anteil haben: Frankreich, Monaco, Italien, Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Deutschland, Slowenien. Als roter Faden dient die Differenzierung nach föderalistischen (eigenständige Wirkungsbereiche des Bundes und der Gliedstaaten) und zentralistisch Staaten (Weisungsgebundenheit und ausführende Funktion der mittleren und unteren regionalen Ebenen). Zur ersten Gruppe gehören Österreich, Schweiz und Deutschland, zur zweiten Frankreich, Italien und Slowenien. In föderalistischen Staaten ist die Tourismuspolitik auf der Ebene der Gliedstaaten (Länder, Kantone) verankert, wobei die Strategieentwicklung, die Förderungen als zentrales Steuerungsinstrument sowie die nationale Werbeorganisation jeweils auf Bundesebene angesiedelt sind.

Die Vergleiche zwischen den beiden Staatengruppen aber auch der Staaten innerhalb der einzelnen Gruppen sind gut gewählt sowie für die anzusprechenden Zielgruppen interessant und relevant. Das gilt auch für Themen der Raumordnung, etwa im Zusammenhang mit Fragen des Grundverkehrs, der Freizeitwohnsitze oder der touristischen Infrastrukturen mit hohem Flächenbedarf und hoher Umweltrelevanz.

Tourismus - eine Querschnittsmaterie

Wie in der Tourismuswissenschaft so wird auch in der Tourismuspolitik der meisten Länder deutlich, dass Tourismus eine Querschnittsmaterie darstellt, in die mehr als bei manch anderen Wirtschaftssektoren eine Fülle von gesetzlichen Bestimmungen hereinfallen. Allein Frankreich ist bestrebt, alle den Tourismus tangierenden Rechtsvorschriften im „Code de Tourisme“ zusammenzuführen, woraus nicht nur ein einschlägiges Gesetzbuch, sondern auch eine Art Gesamtsystematik des Tourismus in Frankreich resultiert. Dazu gehört z.B. auch die Klassifizierung von Tourismusbüros nach 36 Kriterien.

Ebenfalls nützlich und lehrreich sind die sonstigen Vergleiche zwischen den Alpenländern, etwa im Hinblick auf die Dimensionen und Strukturen des Tourismus. Die Analyse dieser Gegenüberstellungen führt u.a. zum Schluss, dass alpine Räume als Wirtschaftsstandorte gegenüber den außeralpinen Gebieten zwar Nachteile aufweisen, als Lebensräume jedoch favorisiert werden. Und Faktoren, welche die Lebensqualität positiv beeinflussen, sind schließlich auch Faktoren, die dem Tourismus zugutekommen.

Herausforderungen für die Tourismuspolitik

Dennoch - oder gerade deshalb - wird darauf verwiesen, dass die alpine Tourismuspolitik vor enormen Herausforderungen steht. So sind die Möglichkeiten, durch Förderungen steuernd einzugreifen, aufgrund der Einschränkungen der Europäischen Union auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen heute begrenzter als in der Aufbruchszeit ab den 1960er Jahren. Weitere begrenzende Faktoren sind die Sparpolitik, die angesichts der knappen Kassen in den öffentlichen Haushalten angesagt ist sowie das punktuelle Erreichen von Ausbau- und Belastungsgrenzen. Dazu kommt die Notwendigkeit, nicht mehr marktfähige Kapazitäten rückzubauen und - keinesfalls ein Widerspruch - touristische Infrastrukturen zu erneuern und auszubauen.

Dass diese Herausforderungen erkannt wurden, ist an den Leitbildern, Strategiepapieren und Maßnahmenkatalogen abzulesen, die um bzw. ab 2010 auf Bundes- bzw. Staatsebene sowie auf der Ebene der Länder und Kantone entstanden sind. Sie beinhalten die Kernthemen Betriebe, Infrastruktur, Destinationsmanagement, Produktentwicklung, Aus- und Weiterbildung, Marktbearbeitung und Verkehr, aber auch qualitative Elemente wie  Imagebildung und Nachhaltigkeit.

Erhaltung eines flächendeckenden Tourismus?

Günther Lehar und Ulrike Reisner stellen an Ende ihres Buches die grundsätzliche Frage nach dem politischen Bekenntnis für die Erhaltung eines flächendeckenden Tourismus in alpinen Regionen und, damit verbunden, nach der Sicherung der dafür notwendigen finanziellen Voraussetzungen. Das geschieht nicht zuletzt aufgrund der Beobachtung, dass der interne Wettbewerb der alpinen Tourismusregionen zur Konzentration auf die besten Lagen führt und dass der Tourismus in Orten, die in der Nähe von städtischen Agglomerationen liegen, durch die zunehmende Urbanisierung untergraben wird.

Zunehmende Komplexität erfordert hohe Professionalität

Denn Es ist augenscheinlich, dass sich bei der Beantwortung dieser Fragen und der Lösung der damit zusammenhängenden Aufgaben ein Spannungsfeld auftut. Denn die zunehmend schwierigen und komplexen Problemstellungen für den Tourismus an den Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Politikbereichen (diverse Sachbereiche) und politischen Ebenen (von der Gemeinde bis zur EU) verlangt durch und durch starke, professionell agierende Tourismusorganisationen, die in der Lage sind, diese Herausforderungen anzunehmen und erfolgreich zu bewältigen - womit wir wieder bei der Konzentration wären.

Trotz allem: Die Chancen für den Tourismus in den Alpen sind dank der nach wie vor gültigen Gunstfaktoren (Lage, Klima, Sicherheit, Know-how etc.) intakt und das Buch hilft, das Tourismusgeschehen und dessen Hintergründe unter dem Aspekt der Tourismuspolitik noch besser zu verstehen.

13. August 2015

 

Kommentare aus dem APA Tourismuspresse Blog

Ulrike Reisner

Lieber Peter Haimayer, herzlichen Dank für die umfassende Buchbesprechung. Mein Dank gilt neben dem MCI vor allem meinem Kollegen Günther Lehar, ohne dessen unermessliches Detailwissen dieses Buch seine Tiefe nie erhalten hätte. „Tourismuspolitik im Alpenraum“ ist mit Unterstützung des Tiroler Tourismusförderungsfonds (TTFF), Land Tirol, im Innsbrucker Studia Universitätsverlag, ISBN 978-3-903030-04-6, erschienen

Tmonas Wimmer

Die Erkenntnis, dass zunehmend eine hohe Professionalität erforderlich sei, ist eines der wohl wichtigsten Statements dieses Berichtes. Das ist gerade für die Öffentlichkeitsarbeit und das „interne Marketing“ wichtig. Gilt es doch, die Akzeptanz der Tourismuswirtschaft in der Bevölkerung als auch die Begeisterung von potentiellen Mitarbeitern wesentlich zu verbessern. Hier wird es zielführend sein, die zukunftsweisenden Überlegungen und Forschungen von Fachhochschulen mit jungen Absolventen aus der betrieblichen Praxis zusammen zu führen, um dieses gesammelte theoretische wie praktische Know-how effizient nutzen zu können.

 

 


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